I. Die Ankunft
Ein Handelsschiff legt im Hafen an, lange Planken werden
heruntergelassen. Nachdem Matrosen das Schiff mit Tauen gesichert
haben, betritt eine Frau mittleren Alters die Planken und geht -
interessiert um sich schauend - vom Schiff herunter. Als sie auf der
Pier steht, dreht sie sich um und ruft etwas in einer fremden Sprache.
Auf dem Deck des Schiffes
entsteht Unruhe. Eine kleine Gruppe, bestehend aus zwei Männern
und zwei Frauen mit sehr exotischem Aussehen, kommt
vorsichtig die Planken herunter. Eine der Frauen ist
hellhäutig, die andere dunkelhäutig. Beide sind klein, von
schlanker Statur und haben langen schwarze Haare, die offen über
die Schultern bis zu den Hüften herabfallen. Die beiden Männer sind von hoch gewachsener Gestalt,
breitschultrig und muskulös. Der eine ist dunkelhäutig und
schwarzhaarig, der andere hellhäutig und blond.
Sie tragen große schwere Pakete.
Während sich die Frauen der Gruppe neben die Unbekannte stellen,
laufen die beiden Männer immer wieder auf das Schiff und holen
eine Menge Gepäck, das sie auf der Pier abstellen.
Die Frau kramt in einer großen, bunt bestickten Tasche, holt eine
Karte hervor und entfaltet sie.
"Aha ! Das also
ist Annopolis! Na ja... hatte ich irgendwie für größer
gehalten, aber man soll ja vom Hafen nicht auf die Stadt
schließen ... "
Sie lacht zu den
Mädchen hinüber.
"Erinnert ihr euch noch
an London?"
Die drei Frauen brechen in
ein herzhaftes Lachen aus, das ihnen von den vorbeigehen Menschen
unverständliche Blicke einbringt.
"Louis !!!"
Der dunkelhäutige der
beiden Männer aus dem Gefolge der Frau eilt herbei.
"Besorge bitte irgendein
Fahrzeug, in dem wir unser Gepäck transportieren können, die
Strassen sind bestimmt nicht überall in bestem Zustand und wir
wissen nicht, was uns erwartet."
Louis nickt zustimmend, dann
begibt er sich wieder auf das Schiff.
Die Unbekannte wendet sich wieder den Mädchen zu.
"Chuana, Joanne und Du,
ihr besorgt bitte ein Quartier für die Nacht, aber etwas Gutes,
ja? Nehmt Ferry mit, damit euch nichts passiert."
"Und
was macht Ihr? Ihr seid dann allein!"
Die Dame lächelt.
"Lieb, dass ihr euch
sorgt, aber mir wird schon nichts passieren...
Ich werde unser neues Zuhause suchen und mir dabei die Stadt ansehen.
Wenn ihr ein Gasthaus gefunden habt, bringt bitte das Gepäck
dorthin und hinterlasst mir eine Nachricht beim Hafenmeister, damit ich
euch finden kann."
Sie umarmt die Mädchen
und winkt den Männern zu. Dann, die Karte der Stadt vor sich
haltend, verlässt sie den Hafen. Sie wirft immer wieder einen
Blick darauf, um sicher zu gehen, dass sie auf dem rechten Weg ist.
Doch sie schaut sich auch die
Häuser an, an denen sie vorbei geht: Fachwerk und Steinhaus,
schlicht und aufwendig wechseln sich ab. Manche Häuser scheinen
unbewohnt, einige sogar baufällig. Aus anderen hört sie
Stimmen, fröhliches Lachen und die Geräusche harter Arbeit
fleißiger Menschen. Es gibt auch Bauplätze, an deren Rand
Holz und Steine zum Bau lagern. Auf den Grasnarben des Gehwegs und
zwischen den Häusern wachsen wilde Frühlingsblumen. Alles in
allem wirkt das, was sie sieht, beschaulich und anheimelnd.
"Hm ... ganz nett ...
kuschelig!"
Nach einer Weile landet sie
auf einem kleinen Platz, in dessen Mitte eine Litfasssäule steht.
Sie geht zur Säule und beginnt zu lesen.
Ganz in Gedanken wühlt sie in ihrer mit bunten Blumen bestickten,
sehr großen Tasche. Sie holt ein silbernes Etui heraus,
öffnet es und holt eine schmale, braune Stange hervor. Die steckt
sie sich in den Mund, holt aus den Tiefen der Tasche
Streichhölzer, zündet die Stange an und ... RAUCHT!
"Interessante Plakate
sind das..." stellt
sie fest.
In der einen Hand den
Zigarillo, sucht sie mit der anderen wieder in dieser besonderen
Tasche, die ein unendliches Fassungsvermögen zu haben scheint. Sie
fischt ein großes Stück Papier und einen Stift hervor. Dann,
mit dem Zigarillo zwischen den Lippen, macht sie sich Notizen über
das, was sie auf den Plakaten liest.
Menschen gehen an ihr vorbei
und schauen sie neugierig an. Als sie - eifrig und konzentriert
schreibend - endlich die Blicke bemerkt, notiert sie auf dem Zettel:
1. einheimische Kleidung
besorgen
2. nicht auf der Strasse rauchen!
Ein Mann betrachtet sie
besonders eingehend, doch bevor er in Versuchung geraten kann, sie
anzusprechen, beendet sie ihre Notizen. Sie bemerkt den Mann nicht
einmal. Schnellen Schrittes schlägt sie die Richtung zu einem
bestimmten Gebäude der Stadt ein - dem Badehaus.
Die
Fremde bin ich und mein
Name ist Hannalena - hatte ich das erwähnt?
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